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KategorienStart-ups aus ÖsterreichKlimafreundlich leben…mit Unverschwendet

Wir haben Cornelia Diesenreiter zum Interview eingeladen - zusammen mit ihrem Bruder Andreas hat sie das österreichische Start-Up Unverschwendet gegründet, das überschüssiges Obst und Gemüse in Marmelade, Sirup, Chutneys und vieles mehr verwandelt. Im Gespräch erklärt sie, warum überhaupt Tonnen an Obst und Gemüse in Österreich übrig bleiben, wie sie die Idee für Unverschwendet entwickelt hat und was wir gegen Lebensmittelverschwendung tun können, um Teil der Lösung, statt des Problems zu sein.

Liebe Cornelia, wie ist die Idee entstanden, überschüssiges Obst und Gemüse zu verwerten?

Bei meinem Studium in England (Design and Innovation for Sustainability) habe ich das Konzept „Zero Waste“ kennen gelernt. Im Rahmen einer Restmüllanalyse ist mir dann so richtig klar geworden, wie viele genießbare Lebensmittel im Müll landen. Nach der Rückkehr nach Österreich habe ich festgestellt, dass es im Bereich Lebensmittelabfall-vermeidung hierzulande kaum Jobs gibt. So entstand der Entschluss mit meinem Bruder Andreas Unverschwendet zu gründen und selbst aktiv zu werden.

Wo in der Wertschöpfungskette setzt ihr mit Unverschwendet an?

Auf Äckern & Wiesen, bei Ernte & Sortierung, beim Transport & Logistik, im Handel & Verkauf sowie in Privathaushalten. Wir konzentrieren uns auf die Rettung direkt am Anfang der Wertschöpfungskette und beziehen dort unser überschüssiges Obst & Gemüse noch bevor es in Supermärkte gelangt.

Was sind die Gründe, dass überhaupt so viel Obst und Gemüse in Österreich übrig bleibt?

Über 10 Millionen Kilo Obst und Gemüse in bester Qualität wurden Unverschwendet bereits angeboten, welche aus den unterschiedlichsten Gründen weggeworfen werden: die Früchte sind etwa zu groß, zu klein, zum falschen Zeitpunkt reif, haben nicht die richtige Farbe oder sind einfach nur zu viel. Es geht uns nicht darum die Schuldigen im komplexen Konstrukt unserer Welt zu suchen und zu belehren, sondern darum, aufzuklären und vor allem eine gute und nachhaltige Lösung anzubieten.

Unverschwendet - Produkte
Überschüssiges Obst und Gemüse verwandelt Unverschwendet in Marmeladen, Aufstriche oder Säfte© Unverschwendet

Müsste sich in Österreich etwas an Anforderungen bei Größe, Gewicht oder Optik von Obst und Gemüse ändern?

Dass Gemüse sich in Größe, Gewicht und Optik ähnelt, hat im Supermarkt praktische Gründe. Da geht es einerseits um den Transport, aber auch um die Haltbarkeit der jeweiligen Lebensmittel. Die hohen Standards, die an Obst und Gemüse angelegt werden, sind nicht nur irrwitziger Schönheitswahn und Schutz vor zu intensiven Inspektionen durch Konsument:innen im Supermarkt, sondern tragen tatsächlich zur Kosteneinsparung und Ressourcenschonung bei. Ein Beispiel: Gurken die lang und gerade sind, lassen sich besser und effizienter schlichten. Krumme Gurken wiederum würden beim Transport um ein Vielfaches mehr Platz einnehmen und zu höheren Verpackungs- und Transportkosten führen. Das ist dann genau jenes Obst und Gemüse, das bei uns landet. Wir gliedern das aussortierte Obst und Gemüse wieder in einer anderen, köstlichen Form in  die Wertschöpfungskette ein.

Seit der Gründung vor einigen Jahren ist Unverschwendet voll durchgestartet und unternehmerisch kontinuierlich gewachsen – wie groß ist euer Unternehmen heute und welche Herausforderungen sind euch entlang des Weges begegnet?

Gestartet haben wir 2015 zu zweit als Verein und mittlerweile sind wir 20 engagierte Mitarbeiter:innen. Wir erleben gerade den Übergang vom Start-up zum Unternehmen und die damit einhergehenden Herausforderungen. Das heißt, bis jetzt waren viele unserer Mitarbeiter:innen mit größeren Arbeitsfeldern vertraut, jetzt ist es an der Zeit genauere Rollen und Arbeitsfelder zu definieren. Dabei vergessen wir aber nicht darauf einander auszuhelfen. Bei der Lebensmittelabfallvermeidung und Verarbeitung verschiedenster Überschüsse von Obst- und Gemüse ist oft Flexibilität gefragt – das heißt wir müssen spontan bleiben – diese Herausforderung meistern wir als motiviertes Team mit großem Zusammenhalt.

Unverschwendet - Team
Das Team von unverschwendet© Dora Neubacher

Du hast auch ein Buch über Nachhaltigkeit verfasst, das aus persönlicher Perspektive von der Anstrengung eines nachhaltigen Lebens erzählt – warum ist es aus deiner Sicht gar nicht so leicht, auch als aufgeklärteR Konsument:in wirklich nachhaltig zu konsumieren und zu leben?

Verständlicherweise fühlt man sich als Einzelne:r angesichts der Größe und Komplexität des Problems oft machtlos. Eine schier hoffnungslose Situation. Wenn man aber anerkennen kann, dass man selbst Teil des Problems ist, kann man schon erkennen, dass man dadurch automatisch Teil der Lösung sein kann. Auch die großen Umweltbelastungen durch die Konzerne sind nur die Summe aller Einkäufe. Nahezu jede unserer Handlungen – vom Aufstehen bis zum Schlafengehen – hat nachhaltige Konsequenzen. Gestalten wir auch nur eine einzelne dieser Handlungen etwas nachhaltiger, ist das bereits besser als keine. Denn viele kleine Schritte machen insgesamt einen großen Unterschied. Das Motto lautet: Jede nachhaltige Handlung ist besser als keine.

Hast du Tipps für Konsument:innen, die einen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung leisten möchten?

  1. Nicht nur bei frischem Obst und Gemüse darauf achten, wo es herkommt, sondern auch bei verarbeiteten Produkten wie Säfte, Ketchup, Marmeladen und Fertigprodukten.
  2. Wenn ich die Produkte zeitnah – vielleicht sogar am selben Tag – verarbeiten möchte, dann einfach zum Produkt mit dem kürzesten Mindesthaltbarkeitsdatum greifen und dazu beitragen, dass im Supermarkt weniger weggeworfen werden muss.
  3. Sich nicht verführen lassen von 2+1 Gratis Aktionen und Multipacks, wenn man eigentlich schon weiß, dass es zu viel sein wird.

Ein Blick in die Zukunft: Eure Vision für einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln im Jahr 2040?

Die Mission von Unverschwendet ist ein größtmöglicher Impact in der Lebensmittelabfallvermeidung basierend auf dem Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit. Das heißt: möglichst viele Kilo Obst & Gemüse retten und Ressourcen mit Bedacht wählen (ökologische Säule), dabei darauf achten, dass entlang der Wertschöpfungskette alle fair entlohnt werden und wir viele Menschen über das Problem aufklären (soziale Säule) und ein funktionierendes Geschäftsmodell entwickeln um langfristig bestehen um so auch die großen Mengen retten zu können (ökonomische Säule). Die Feinkostproduktion ist dabei der erste große Schritt für unsere Ziele.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Zum Buch „Nachhaltig gibt’s nicht“ von Cornelia Diesenreiter