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KategorienReportageSecond Hand statt neu gekauft

Getragene Kleidung, gebrauchte Möbel oder Spielzeug aus zweiter Hand – mittlerweile gibt es zahlreiche Second Hand Waren. Früher als unmodern oder minderwertig angesehen, liegen Second Hand Produkte heute voll im Trend. In unserer Unter der Lupe-Reportage dreht sich alles um den Imagewandel, Einkaufsmotive, die Zukunft der Second Hand Bewegung und wie unsere Community dazu steht.

Bereits ein Viertel der Bevölkerung in den Industriestaaten hat 2019 Second Hand Produkte gekauft (BCG, 2020), in Österreich waren es sogar 39 % (Statista, 2020). Der Second Hand Markt ist mittlerweile zum Milliardengeschäft geworden – allein der Mode-Bereich beläuft sich weltweit auf schätzungsweise 30 bis 40 Milliarden Dollar. Für viele bedeutet Second Hand aber vor allem eines – eine Antwort zum gestiegenen Angebot von „Fast“-Varianten, ein Gegengewicht zur Wegwerfgesellschaft. Mit dem Kauf von Gebrauchtwaren werden keine neuen Ressourcen verbraucht und die Lebensdauer der Gegenstände wieder verlängert.

Gebrauchtes kaufen, verkaufen, tauschen

Verkauft, gekauft und getauscht werden die Waren in lokalen Geschäften, auf Flohmärkten oder Tauschbörse und vor allem über Online-Plattformen. Der größte digitale Marktplatz in Österreich ist willhaben.at – mit mehr als 8,5 Millionen Anzeigen. Auf der 2006 gegründeten Online-Plattform finden sich mehr als 1 Million Nutzerinnen und Nutzer und rund 80.000 bis 100.000 neue Anzeigen täglich. Die Website zählt nicht nur zu den meistbesuchten Internetseiten in Österreich, sondern leistet damit auch einen beträchtlichen Beitrag zur Einsparung von Treibhausgasen.

Neben den klassischen Online-Plattformen befinden sich auch Rückgabe- und Rückkaufgeschäfte auf dem Vormarsch (hier wohl verbunden mit dem Anreiz zu einem weiteren Neukauf):  Einrichtungshäuser bieten Fundgruben an, in denen gebrauchte Regale, Kommoden, Tische oder Sofas günstig gekauft werden können. Modeunternehmen nehmen gebrauchte Kleidungsstücke der Eigenmarke zurück und die Kundschaft erhält dafür Gutscheine. Auch die großen Online-Plattformen springen auf und bieten nun den An- und Verkauf von Second Hand-Mode, sogenannte „pre-owned“ Mode an.

Person am Büroschreibtisch
© Pexels

Eine weitere Re-Use Variante betrifft das Refurbishment von Elektrogeräten und IT-Equipment. Einer der österreichischen Pioniere in dem Bereich ist Compuritas mit Sitz in Graz. Das Konzept dahinter: Compuritas übernimmt gebrauchte, qualitativ hochwertige Notebooks, PCs, Smartphones und Tablets von heimischen Unternehmen, löscht alle Daten und stattet sie mit neuester Software aus.

So aufbereitet und mit einer 24 Monate-Garantie werden diese dann zu fairen Preisen an Schulen, Vereine und Privatpersonen verkauft. Wir haben den Geschäftsführer von Compuritas, Matthias Di Felice, zum Interview getroffen.

Die drei Hauptnutzungsmotive: Individualität, Umweltschonung, Kostenersparnis

Second Hand Laden
© Unsplash

Aber was treibt Konsumentinnen und Konsumenten an, sich für Second Hand Produkte zu entscheiden? In einer Studie von Guiot & Roux (2010) werden drei große Motivcluster beschrieben: Hedonistisch, ökonomisch und nachhaltig. Menschen mit hedonistischen Motiven streben nach Individualität, suchen das Abenteuer und schreiben der sozialen Interaktion – zum Beispiel im Sinne des Kaufvorganges – eine große Bedeutung zu. Sie stöbern gerne zum Beispiel auf Online-Plattformen und freuen sich über ungewöhnliche und individuelle Stücke.

Für ökonomisch motivierte Personen steht die Kostenersparnis beim Kauf von gebrauchten Waren sowie die Möglichkeit, die erworbenen Gegenstände bei Bedarf auch wieder zu verkaufen, im Vordergrund. Personen mit nachhaltigen Motiven kaufen Second Hand Produkte in erster Linie, um Ressourcen zu sparen und die Umwelt zu schonen. Sie wollen generell nachhaltig konsumieren und wollen nichts wegwerfen, das von anderen noch gebraucht werden könnte.

Die rund 450 Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer im April 2021 durchgeführten Befragung ordnen sich selbst in erster Linie der nachhaltigen oder ökonomischen motivierten Kategorie zu: Second Hand Waren werden hauptsächlich aufgrund der damit verbundenen Umwelt- und Ressourcenschonung und Kostenersparnis gekauft, dicht gefolgt von dem Wunsch, ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft zu setzen. In der gebrauchten Variante werden vor allem Bücher, Filme, Musik sowie Alles rund ums Wohnen, Haushalt, Garten und Mode, Schuhe, Accessoires gekauft.

Zweites Leben für Kleidungsstücke

Second Hand Kleidung
© Pexels

Auch auf willhaben.at zählen Kleidungsstücke mit mehr als 1,6 Millionen Anzeigen und täglich rund 9.000 bis 10.000 neuen Angeboten zur beliebtesten Kategorie der Website. Eine besonders hohe Nachfrage herrscht bei Luxusmarken, Consumer Brands, Lifestylemarken, Brauchtums- und Traditionskleidung und Kleidung für besondere Anlässe (wie z.B. Hochzeit, Firmung, Taufe). Ein Grund für den Aufschwung von Second Hand Kleidung liegt im Imagewandel – weg von schmuddelig und minderwertig, hin zu trendy, nachhaltig und cool. Reinhard Franz, Head of Product & Data von willhaben.at (mehr dazu siehe auch in der Nachlese zum Obsoleszenzdialog), formuliert als Ziel, die Wertigkeit von Kleidung noch stärker im Bewusstsein der Nutzerinnen und Nutzer zu verankern und dabei auch das Thema Kreislaufwirtschaft durchgängiger mit zu denken: Produkte mit höherer Qualität lassen sich auch wieder leichter weiterverkaufen.

Im Rahmen unserer Umfrage hat sich dieser Imagewandel ebenfalls bestätigt. Auf die Frage, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Second Hand Mode denken, gaben in Summe zwei Drittel an, dass gebraucht Kleidung „voll im Trend liegt“ (36 %) oder „ganz cool“ ist (33 %), nur 29 Personen (5 %) gaben an, dass Second Hand „nichts für sie sei“. Neben Second Hand Läden, werden gebrauchte Kleidungsstücke vermehrt auch online oder auf Flohmärkten erworben. Ausgesucht wird Second Hand Mode vorrangig beim Stöbern im Laden, auf der Website oder es wird gezielt nach speziellen Kleidungsstücken oder Größe gesucht.

Starke Zuwächse in den nächsten Jahren erwartet

Mehr als ein Drittel (36 %) unserer Userinnen und User gaben an, in Zukunft noch häufiger Second Hand Kleidung kaufen zu wollen. Laut einer Studie der Boston Consulting Group (BCG) soll der Second Hand Mode-Markt in den kommenden fünf Jahren um 15 bis 20 % jährlich wachsen, bei einigen Online-Plattformen werden Wachstumsraten von bis zu 100 % prognostiziert.

Umfrage zu Second Hand

Wir haben die „Bewusst Kaufen – klimafreundlich leben“ Community im April 2021 zu ihrem Shoppingverhalten und Ansichten zu Second Hand befragt. Gesamt nahmen rd. 450 Personen an der Umfrage teil.

Second Hand Umfrage
In der gebrauchten Variante werden vor allem Bücher, Filme, Musik sowie Alles rund ums Wohnen, Haushalt, Garten und Mode, Schuhe, Accessoires gekauft.
Second Hand Umfrage
Umwelt- und Ressourcenschonung, Kostenersparnis und ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft zu setzen sind die drei Hauptgründe für den Kauf von Second Hand Ware.
Second Hand Umfrage
9 von 10 Befragten haben schon einmal Kleidung Second Hand geshoppt.
Second Hand Umfrage
7 von 10 Befragten finden Second Hand Mode „liegt voll im Trend“ bzw. „ist ganz cool“.
Second Hand Umfrage
Second Hand Kleidung wird in erster Linie in Second Hand Läden, online oder auf Flohmärkten gekauft.
Second Hand Umfrage
Die Hälfte der Befragten möchte in Zukunft gleich oft Second Hand Kleidung kaufen, rund jede/ Dritte sogar häufiger.
Second Hand Umfrage
Ausgesucht wird Second Hand Mode vorrangig beim Stöbern im Laden, auf der Website oder es wird gezielt nach speziellen Kleidungsstücken oder Größe gesucht.

Mehr Informationen und Quellen: