Diese Seite nutzt Cookies. Durch die fortgesetzte Benützung der Seite stimmen Sie der Cookienutzung zu. Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in derDatenschutzerklärung.

KategorienGastbeitragBuch oder E-Book – was ist nachhaltiger?

Lesen ist für 44% der österreichischen Bevölkerung eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Dafür werden unter anderem E-Books, Tablets und Bücher aus Papier verwendet – doch welches Medium hat die geringsten Umweltauswirkungen? Und welche Rolle spielt dabei das eigene Nutzungsverhalten? Eine genaue Betrachtung der Umweltauswirkungen unseres Leseverhaltens.

Gastbeitrag von Nina Reiner

Wie nachhaltig ein Medium zum Lesen ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Dabei ist es wichtig den gesamten Lebenszyklus zu betrachten. Beginnend mit der Produktion, über den Transport bis hin zur Nutzung und Entsorgung spielen verschiedene Aspekte in der Bewertung der Nachhaltigkeit eines Mediums eine Rolle.

Herstellung und Vertrieb

Für die ressourcenintensive Herstellung von E-Book-Reader werden, wie bei Smartphones und anderen technischen Geräten, seltene Rohstoffe und Schwermetalle benötigt. Beim Abbau von Schwermetallen werden Giftstoffe freigesetzt, welche der Umwelt und dem Menschen schaden können. Von diesen Giftstoffen sind teilweise Kinder betroffen, da bei der Gewinnung von Schwermetallen Kinderarbeit keine Seltenheit ist. [1] Aufgrund der Kinderarbeit und den Arbeitsverhältnissen kann die Herstellung von E-Book-Readern aus ethischer Perspektive kritisiert werden. Auch die Transportwege von E-Book-Readern sind meist lang, da die Mehrheit in Asien produziert wird.
Für die Bücherproduktion wiederum werden Wälder zur Papiererzeugung abgeholzt, wodurch der Lebensraum von Tieren und die Biodiversität beeinflusst bzw. zerstört wird. Als mögliche Folge der Papierherstellung kann Abwasser mit organischen Kohlenstoffen verschmutzt werden. Die Umweltauswirkungen bei der Herstellung von Papier sind jedoch als geringer einzustufen, als jene bei der Produktion eines E-Book-Readers.
Bei der Produktion eines E-Book-Readers fallen rund 24 kg CO2-Äquivalente an – auf ein Buch aus Frischrohstoffen entfallen circa 1,2 kg CO2-Äquivalente. Ein Buch aus Recyclingpapier hat mit weniger als 1 kg CO2-Äquivalente den geringsten CO2-Fußabdruck. Bei der Nutzung von Print-Büchern ist auch die Beschaffung ein Faktor in Bezug auf die Umweltauswirkungen. Wird der Weg zur Buchhandlung zum Beispiel mit dem Fahrrad zurückgelegt ist dies nachhaltiger als mit dem Auto oder eine Onlinebestellung mit langen Lieferketten.

Nutzung

Für die Nutzung eines E-Book-Readers wird Strom benötigt – der Verbrauch ist jedoch gering. Die Umweltbilanz von E-Readern kann durch die Nutzung von Ökostrom reduziert werden.
Das Lesen von Print-Büchern ist mit keinen Emissionen oder Ressourcenverbrauch verbunden. Ein Punkt, der bei der Nutzung beider Medien zu beachten ist, ist die Lichtquelle. Lesen bei Tageslicht ist umweltfreundlicher, als am Abend, wenn zusätzlich Licht eingeschalten werden muss. Bei der Nutzung selbst ist aufgraund des Stromverbrauchs das Print-Buch ökologischer, wobei das E-Book ebenfalls sehr wenige Ressourcen verbraucht.

Entsorgung oder zweites Leben

Bei E-Book-Readern wird von einer minimalen Nutzungsdauer von drei Jahren ausgegangen und auf die Verbraucher:innen gesetzt, dass diese den E-Reader am Lebensende dem Recyclingprozess zuführen. Auf dem Markt sind Modelle mit tauschbaren Akkus oder einer erleichterten Reparierbarkeit verfügbar, wodurch die Lebensdauer des Geräts verlängert werden kann und somit Ressourcen geschont werden. Eine Nutzungsdauer von mehreren Jahren oder auch Jahrzehnten ist bei E-Book-Readern durchaus realistisch (mehr als z.B. bei anderen technischen Geräten wie Smartphones), da erstere wenig von technischen Innovationen geprägt sind.
Bücher können ebenfalls lange und auch gemeinschaftlich genutzt werden – z.B. von mehreren Personen aus einer Bibliothek ausgeliehen, getauscht oder weiterverkauft werden.

Leseverhalten ist ausschlaggebend

Ein relevantes Kriterium in puncto Umweltbilanz ist das eigene Leseverhalten und das umso mehr bei Personen, die sehr viel oder sehr wenig lesen. Hinsichtlich der Ökobilanz ist ein E-Book-Reader für Personen, die mindestens zehn Bücher pro Jahr lesen, die umweltfreundlichere Variante. Dabei wird von einer Nutzungsdauer von mindestens drei Jahren ausgegangen. Das bedeutet, dass der E-Reader ab dem 30. gelesenen Buch nachhaltiger als neue Print-Bücher ist. Im Umkehrschluss sind Print-Bücher für Personen, die selten lesen, die ökologischere Option. Für Personen, die durchschnittlich viel lesen, ist das Medium weniger ausschlaggebend.

Tipps für ein umweltfreundlicheres Lesevergnügen

So wird das Lesen noch umwelfreundlicher:

  • Nutze öffentliche Bibliotheken
  • Nutze offene Bücherschränke
  • Tausche oder verschenke gelesene Bücher
  • Besorge Print-Bücher mit dem Fahrrad anstatt mit dem Auto
  • Kaufe Bücher ohne Plastikfolie
  • Greife zu Büchern aus Recyclingpapier
  • Betreibe E-Book-Reader mit Ökostrom
  • Teile deinen E-Book-Reader mit Familie bzw. Freunden

Die Autorin, Nina Reiner, studiert im Masterstudiengang Green Marketing am Campus Wieselburg. Der Artikel entstand im Rahmen der Lehrveranstaltung „Nachhaltiger Konsum“. Die Lehrveranstaltung beschäftigt sich unter anderem mit den Umweltauswirkungen von Konsum, nachhaltigen Konsumpraktiken und suffizienzorientiertem Marketing.

Fußnoten und Quellen
[1] Weiterleitungslink: https://doi.org/10.1016/j.exis.2020.11.018
Manhart, A., Brommer, E., & Gröger, J. (Juni 2011). PROSA E-Book-Reader. Entwicklung der Vergabekriterien für ein klimaschutzbezogenes Umweltzeichen. (Ö.-I. e.V., Hrsg.) Freiburg. Abgerufen am 05. Jänner 2023 von https://www.oeko.de/oekodoc/1179/2011-037-de.pdf
Matting, M. (3. November 2022). E-Reader oder Buch aus Papier – was ist nachhaltiger? (U. GmbH, Herausgeber)
Müller, L. (30. November 2019). Der ökologische Fußabdruck von Büchern. Süddeutsche Zeitung.
Sovacool, B. (März 2021). When subterranean slavery supports sustainability transitions? Power, patriarchy, and child labor in artisanal Congolese cobalt mining. The Extractive Industries and Society(Volume 8), 271-293.
Spectra Marktforschungsgesellschaft GmbH. (Oktober 2018). Welchen Stellenwert besitzt das gedruckte Buch im Jahr 2018?
Statista Consumer Insights. (01. Jänner 2023). Beliebteste Hobbys in Österreich im Jahr 2022. (A. Kunst, Hrsg.)
Wilke, U. (2. November 2013). „Grüner“ lesen: Buch oder eBook? Konzeption eines Bewertungssystems für nachhaltiges Leseverhalten. München.