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KategorienBlogbeitragMit echtem Leder in eine nachhaltige Zukunft?

Leder wird in der Geschichte der Menschheit seit geraumer Zeit große Bedeutung beigemessen und noch heute als robustes und langlebiges Material geschätzt. In Form von Jacken, Taschen, Schuhen und Möbeln wie Sofas ist es in beinahe jedem Haushalt zu finden – doch kann echtes Leder nachhaltig sein? Und welche Upcycling-Möglichkeiten gibt es? Nachhaltiges Leder unter der Lupe - und eine Do it yourself-Anleitung zum Nachmachen.

Leder – beständig im Wandel der Zeit

Bereits vor Jahrtausenden stellten Menschen aus Häuten und Fellen Kleidung und Werkzeuge her – beispielsweise wurden in alten ägyptischen Gräbern Streitwägen mit Lederbestandteilen entdeckt und im Mittelalter war Leder ein wichtiges Material für Rüstungen. Während die Lederproduktion ursprünglich mit pflanzlichen Extrakten und einem langwierigen Produktionsprozess für die Gerber einherging, steckt heute eine globale Industrie dahinter, die aus wirtschaftlichen Gründen großteils mit Chemikalien arbeitet. Zum Vergleich: Eine Gerbung mit pflanzlichen Stoffen dauert einige Tage, wogegen die chemische Chromgerbung in wenigen Stunden abgeschlossen ist.

Nicht nur die giftigen Chemikalien bei der Produktion sind besorgniserregend – Leder hat ähnlich wie Fleisch keine gute Ökobilanz. Entgegen der häufigen Annahme, dass Leder von heimischen Weiderindern als Nebenprodukt der Schlachtung gewonnen wird, stammt der Großteil des angebotenen „Billigleders“ bzw. der Rohhaut aus Ländern wie Indien, Bangladesch, Brasilien und China. Der große Flächenverbrauch für die Tierhaltung und die erheblichen Mengen an Wasser, die zur Produktion benötigt werden, hinterlassen Spuren. Fast ein Drittel der weltweit 14 Milliarden Hektar Ackerfläche wird für den Anbau von Viehfutter verwendet. Schätzungen zufolge sind 65% der Abholzung im Amazonas-Regenwald auf die Rinderhaltung für die Fleisch- und Lederproduktion zurückzuführen.

Umweltauswirkungen der Lederproduktion

Da unbearbeitete Tierhaut innerhalb weniger Tage verrotten würde, wird die empfindliche Rohhaut für die Produktion aufbereitet und in einem langwierigen Verfahren zu Leder gegerbt. Dabei kommt zu 80 % das Mineral Chrom zum Einsatz, das im Vergleich zu pflanzlichen Stoffen nicht vollständig aus den Abwässern gefiltert werden kann.

Für eine Tonne Rohhaut werden 500 kg Chemikalien und – je nach Produktionsverfahren – 15 bis 50 Tonnen Wasser benötigt. Um den erheblichen Wasserbedarf zu decken, werden Gerbereien oft an Flussufern angesiedelt und gleichzeitig die Oberflächen- und Grundwasservorräte der Bewohner:innen der Umgebung ausgebeutet. Prekär ist dabei nicht nur der hohe Wasserverbrauch, sondern auch die Verschmutzung der Flüsse aufgrund unkontrollierter Abwassereinleitungen und Feststoffabfälle der Gerbereien. Die Folge sind Wasserknappheit, verseuchte Flüsse / Trinkwasser und unfruchtbare Felder.

Gefärbtes Leder vor der Weiterverarbeitung
© Unsplash / Ranurte

Niedrige Löhne und fehlende Schutzausrüstung

Indien exportierte im Jahr 2019-2020 Lederwaren im Wert von 5,07 Milliarden USD und zählt mit 2,3 Millionen Beschäftigten und etwa 2.000 Gerbereien zu den größten Exporteuren weltweit. Neben der gesundheitlichen Gefährdung durch die Umweltverschmutzung, leidet ein großer Teil der Arbeiter:innen unter bedenklichen Arbeitsbedingungen, wie niedrige Löhne, ungeregelte Arbeitsverhältnisse, lange Arbeitszeiten und fehlende Schutzausrüstung. Der direkte Kontakt mit Chemikalien – insbesondere mit der giftigen Chemikalie Chrom VI – kann zu gesundheitlichen Beschwerden wie z.B. Hautkrankheiten, Atemwegsproblemen und Krebserkrankungen führen.

Nachhaltigere Wege zu Lederprodukten

Wer auf echtes Tierleder nicht verzichten möchte, sollte beim Kauf genau hinsehen. Ein vielversprechendes Qualitätszeichen ist der Standard für Naturleder der IVN – „NATURLEDER IVN ZERTIFIZIERT“, der Aspekte wie Ressourcen, Umwelt- und Gesundheitsschutz, den Chemikalieneinsatz und die Abwasseraufbereitung in den einzelnen Produktionsprozessen, die Arbeitssicherheit in der Produktion und die Recyclingfähigkeit der Waren berücksichtigt.

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Doch muss es wirklich echtes Leder sein? Wie in vielen Bereichen gibt es auch bei Leder synthetische und pflanzliche Alternativen. Kunstleder ist bereits weiterverbreitet, doch es wird auch an ressourcenschonenderem Ersatz aus Ananas- und Weinblättern, Eukalyptusfasern, Pilzen und Kork gearbeitet.

Weitere Tipps für einen nachhaltigeren Lederkauf:

  • Leder aus Secondhand kaufen
  • „Billigleder“ aus Asien vermeiden und europäische Alternativen bevorzugen
  • Qualitätszeichen beachten
  • Vegane Leder-Alternativen in Betracht ziehen
  • Lederartikel nicht entsorgen, sondern weitergeben, reparieren oder upcyceln

Aufgrund der bedenklichen Auswirkungen für Mensch, Tier und Umwelt, ist es entscheidend, dass Leder als wertvolle Ressource betrachtet wird und möglichst lange in Verwendung bleibt. Leder ist ein sehr langlebiges und robustes Material und sollte nach Möglichkeit nicht entsorgt, sondern in Secondhandshops / Tauschzentralen weitervermittelt, repariert oder durch Upcycling wiederverwendet werden.

Do it yourself: Leder Upcycling

Dieses Beispiel zeigt, wie alten Ledergegenständen mit wenigen Handgriffen und ein bisschen Kreativität neues Leben eingehaucht werden kann:

Von der ausrangierten Lederjacke zur stylischen Raumbegrünung

Für die Leder-Pflanzampel wird folgendes Material benötigt:

  • 3 Pflanzen mit passenden Übertöpfen (je nach Standort sollten Innen- oder Außenpflanzen gewählt werden)
  • mindestens 12 Ösentüllen (mit mindestens 6 mm / optimal 10 mm Durchmesser) und Ösenpresse
  • ca. 10 Meter Ringkette zur Aufhängung (erhältlich im Baumarkt; der tatsächliche Kettenverbrauch ist abhängig von der Hänge-Position, daher sollte die Position und gewünschte Höhe vor dem Kauf vor Ort ausgemessen werden)
  • 3 S-Haken zum Einhängen der Ampel (oder falls gewünscht Schraubenhaken / Deckenhaken zur Anbringung an der Decke)
  • ausreichend altes Leder – in diesem Beispiel wurde eine 20 Jahre alte, beschädigte Lederjacke verwendet

Vor dem Zuschnitt des Leders sollte eine Papier-Schablone erstellt werden, die je nach Topf-Durchmesser und Höhe variiert. Bei dem Ampelbeispiel wurden drei Töpfe mit 14 cm Durchmesser und ungefähr 12 cm Höhe verwendet. Die Breite der Lederbänder sollte stabil genug für die Aufhängung sein und gleichzeitig die Töpfe nicht zu sehr verdecken, um den Materialmix hervorzuheben. Bei den Töpfen mit 14 cm Durchmesser wurde die Schablone mit 6 cm Breite und 39,5 cm Länge erstellt. Die Rundung an den beiden Enden wurde mithilfe eines Trinkglases gezogen. Danach kann die Ösen-Position mit einem Zentimeter Abstand zur Außenkante mittig eingezeichnet und je nach Ösen-Durchmesser ausgestanzt / ausgeschnitten werden.

Vor dem Zuschnitt wird die Schablone an allen drei Töpfen getestet. Danach empfiehlt sich, zuerst 6 cm breite Streifen beim Leder einzuzeichnen und zuzuschneiden (Achtung, die Breite kann je nach Schablone / Geschmack / gewählter Topfgröße variieren!). Falls die Schneiderkreide beim Einzeichnen nicht gut sichtbar ist, kann alternativ ein dünner Fineliner verwendet werden – allerdings sollte er vorsichtshalber an einem Rest-Lederstück getestet werden.

Nach dem Zuschnitt der Streifen wird mithilfe der Schablone die finale Länge, die Rundung der beiden Enden und die Position der Öse eingezeichnet. Das Ösenloch kann mit einer spitzen, kleinen Schere ausgeschnitten werden, anschließend lässt sich die Öse mithilfe der Ösenpresse gut in die Öffnung pressen. Am Ende sollten insgesamt 6 fertige Lederstreifen mit beidseitiger Rundung und Ösen bereit liegen.

Für die Aufhängung werden pro Topf zwei Kettenlängen benötigt – die Länge ist abhängig von der gewünschten Höhe. In diesem Fall wurde Topf 1 mit zwei Ketten der Länge 1,50 Meter, Topf 2 mit zwei Ketten der Länge 1,60 Meter und Topf 3 mit zwei Ketten der Länge 1,70 Meter aufgehängt. Zuerst wird die Kette beim ersten Ösenloch von außen nach innen eingefädelt und ein Knoten geknüpft, danach wird das andere Ende (der gleichen Kette!) in das zweite Ösenloch von außen nach innen gefädelt und der zweite Knoten geknüpft – dadurch hat die ursprüngliche Kette mit 1,5 Meter im aufgehängten Zustand nur noch die halbe Länge (ca. 75 cm). Da sich die Knöpfe der Kette relativ leicht lösen, sollten sie (in eingefädeltem Zustand!) mit Superkleber beträufelt werden. Am besten über Nacht trocknen lassen.

Am nächsten Tag können die beiden Lederteile mit den gleichen Kettenlängen überkreuzt und im Haken eingefädelt werden – es ist einfacher, den Topf erst danach einzuhängen. Der gleiche Ablauf gilt auch bei den anderen beiden Töpfen.

Hinweis: die Pflanzen bitte nur wenig, aber dafür häufiger gießen, um mit dem zusätzlichen Gewicht die Lederbänder nicht zu sehr zu strapazieren.

Dieser Blogbeitrag ist im Rahmen der Lehrveranstaltung „Nachhaltiger Konsum“ der FH Wiener Neustadt Campus Wieselburg im Wintersemester 2021/2022 entstanden und von Ines Muthenthaler (MA-Studiengang „Green Marketing“ JG 2021; Vorbehaltlich der Genehmigung durch die AQ Austria) verfasst worden.

Quellenangaben:

1.
Harris, S., & Veldmeijer, A. J. (Eds.). (2014). Why leather? The material and cultural dimensions of leather. Sidestone Press.

2.
GLOBAL 2000, INKOTA-netzwerk & SÜDWIND e.V. (2017), Zeigt her Eure Schuhe! Soziale und ökologische Auswirkungen von Gerbereien in Uttar Pradesh und Tamil Nadu in Indien.

3.
G+J Medien GmbH (GEO), Themenbericht (03. November 2017, zuletzt bearbeitet am 08. Oktober 2021), Was Sie wirklich über Leder wissen müssen.

4.
PETA Deutschland e.V., Themenbericht

5.
Clean Clothes Kampagne/Südwind, GLOBAL 2000, INKOTA-netzwerk & SÜDWIND e.V. (2016), A Tough Story of Leather.

6.
Initiative: Nachhaltige Entwicklung, Nachhaltigkeitsblog der Hochschule Darmstadt, Autor Dr. Jonas Rehn (18. Juni 2020), Lehre, Forschung & Transfer – Mit echtem Leder in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung?

7.
Government of India, Ministry of Commerce and Industry, Department of Commerce, EP(LSG) Division (2021). Trade Statistics – Export data for leather, leather products and footwear.

8.
Stiftung Warentest (27. Juni 2013), Chrom VI in Leder – Immer noch ein Risiko.

9.
Common Objective, Ethical Fashion Group Ltd (22. October 2021), Fibre Briefing: Leather.

10.
COTANCE (2020), Sozial- und Umweltbericht 2020 der europäischen Lederindustrie.

11.
Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e. V. (2021), NATURLEDER IVN zertifiziert.