Diese Seite nutzt Cookies. Durch die fortgesetzte Benützung der Seite stimmen Sie der Cookienutzung zu. Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in derDatenschutzerklärung.

KategorienReportageAchtsamkeit

Hygge, Yoga oder Meditation liegen im Trend. Das gemeinsame Ziel: Durch Konzentration auf das Wesentliche wieder mehr Selbstbestimmtheit zurück gewinnen. Bewusst Kaufen geht der Frage nach, ob und wie Achtsamkeit für das eigene Gleichgewicht auch nachhaltigen Konsum fördern kann.

Wir Menschen sind Konsumentinnen und Konsumenten und Kundinnen und Kunden – jeden Tag. Wir sind es gewohnt, auszusuchen, zu kaufen und zu besitzen. In Kaufhäusern und in Online-Shops wird uns von A bis Z eine Vielfalt von Dingen angeboten, Konsum als Lifestyle zelebriert. Indem unsere Nachfrage steigt, steigt auch die Produktion und deren (umweltbedingte) Nebenfolgen. Aber auch unser Stress: Was soll ich als nächstes kaufen? Verpasse ich den nächsten Trend? Es gibt immer mehr Menschen, die sich entschieden haben, andere Fragen zu stellen: Brauche ich das? Und nutze ich das überhaupt? Mit Hilfe von achtsamen Lebensphilosophien lässt sich womöglich nicht nur unser inneres Wohlbefinden, sondern auch unser Konsumverhalten nachhaltiger gestalten. Ein Augenschein.

Achtsamkeit – ein Wort wird modern

Bilder, Ideale, Auswahlmöglichkeiten – wir sind ständig davon umgeben. Und diese Flut an Informationen müssen wir irgendwie verarbeiten. Laut dem Zukunftsforscher Matthias Horx brauchen wir deswegen Rückzugsorte, wo wir uns wieder auf die wesentlichen Dinge fokussieren und unser Handeln reflektieren können – der Schlüssel dafür könnte Achtsamkeit sein.

Achtsamkeit heißt: In einer überfüllten, überreizten, überkomplexen Welt müssen wir lernen, uns auf neue Weise auf uns selbst zu besinnen.“ (Matthias Horx)

Dem zufolge ist es kein Wunder, dass Trainings und Meditationstechniken, deren Ziel es ist, unser inneres Gleichgewicht zu fördern, einen wahren Boom erfahren. Der immer stärker werdenden Achtsamkeits-Bewegung liegt das Bedürfnis zugrunde, sich selbst im Verhältnis zur Welt zu betrachten. Das heißt, indem wir uns Zeit für uns nehmen und „achtsam“ sind, wird uns (wieder) bewusst, dass wir verantwortlich sind – für uns, unsere Mitmenschen, unsere Umwelt. Und auch für unser Konsumverhalten.

Motive für den eigenen Konsum hinterfragen

Konsum hat viel mit Gewohnheit zu tun. Für den Wissenschaftler Dr. Kai Romhardt liegt der Schlüssel zu einem veränderten und nachhaltigeren Konsumverhalten im Hinterfragen unserer Kaufmotive: Ab wann wird Konsum zur Kompensation? An welchem Punkt wird er unverhältnismäßig und für uns ungesund?

Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Überangebot an Produkten negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Menschen haben kann. Stehen eine zu hohe Auswahl an Alternativen und zu viele Informationen zu Verfügung, kann dies zu einer Überlastung und dadurch zu einem erhöhten Stressempfinden führen. Laut einer Studie der Arbeiterkammer ist jede vierte Österreicherin bzw. jeder vierte Österreicher „kaufsuchtgefährdet“. Kaufsüchtigen geht es nicht um das Besitzen oder das Benutzen von Dingen, sondern rein um den Kaufvorgang an sich. Sie haben das Gefühl, ständig etwas kaufen zu müssen und können diesen Impuls nicht mehr kontrollieren.

Der Konsumforscherin der Arbeiterkammer Nina Tröger zufolge, hat sich das Kaufverhalten aufgrund des gestiegenen (Online-)Angebots in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Indem Innovationen immer schneller auf den Markt gebracht werden, verkürzt sich die Nutzungsdauer der Produkte und es muss schneller wieder gekauft werden. Zudem ist Konsum sowohl gesellschaftlich, als auch wirtschaftlich erwünscht. Die entsprechenden Werbebotschaften, vor allem im Online-Bereich, tun ihr übriges: Wir sollen immer das neueste Produkt haben wollen – und das am besten unreflektiert.

Hygge – von den glücklichsten Menschen der Welt

Laut World Happiness Report sind die Dänen die glücklichsten Menschen der Welt – wohl auch aufgrund der „Hygge“, einer dort zelebrierten Lebenseinstellung. Für die Däninnen und Dänen bedeutet dies, eine gute Balance zwischen Arbeit, Familie und Freizeit zu finden. Damit einher geht auch eine verstärkte Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner Umwelt. Das Credo der Dänen: Viel Zeit mit der Familie und Freunden verbringen, gut Essen und Trinken und gemeinsam schöne Momente erleben.

Der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) zufolge, zählen die Däninnen und Dänen auch zu starken Befürworterinnen und Befürwortern des Bio-Konsums. Seit mehr als zehn Jahren steigt dort der Konsum von biologischen Lebensmitteln konsequent an und auch sonst sind die Däninnen und Dänen Vorreiterinnen und Vorreiter beim „grünen“ und umweltbewussten Lebensstil: Neben einer ausgeprägten Fahrradkultur und der verstärkten Nutzung von erneuerbaren Energiequellen sind ihnen auch in vielen anderen Bereichen hohe Umwelt- und Sozialstandards wichtig. Das kann als Hinweis gewertet werden, dass sich Achtsamkeit und nachhaltiger Konsum gegenseitig positiv verstärken.

Mehr meditieren – weniger konsumieren?

Pusteblume
Besinnen auf das Wesentliche© Unsplash

Um mehr über das Zusammenspiel von Achtsamkeit und nachhaltigem Konsum zu erfahren, wurde in Deutschland das Projekt „BiNKA“ (Bildung für nachhaltigen Konsum durch Achtsamkeitstraining) durchgeführt. Hierbei wurde unter anderem untersucht, wie mit Hilfe von Meditation die sogenannte „Einstellungs-Verhaltens-Lücke“ geschlossen werden kann. Diese beschreibt, dass das Wissen in Bezug auf nachhaltigen Konsum zwar häufig vorhanden ist, das tatsächliche Handeln jedoch davon abweicht.

Im Zuge des Projektes nahmen 240 Personen an einem neuen Achtsamkeitstraining teil. Dabei wurden das Konsumverhalten und einzelne Parameter – wie zum Beispiel materielle Werte, persönliche Verantwortung und Mitgefühl – vor und nach der Teilnahme am Training erhoben und miteinander verglichen. Das Ergebnis: Meditation kann die „Einstellungs-Verhaltens-Lücke“ zwar nicht ganz schließen, aber verkleinern. Das heißt: Die Bedeutung materieller Werte ging zurück, gleichzeitig stieg die individuelle Zufriedenheit an.

Einatmen, ausatmen, bewusst konsumieren?

In Zeiten eines stetig steigenden Angebots an Informationen und Produkten, geht es darum, sein eigenes Konsumverhalten zu reflektieren und seine Kaufgewohnheiten gegebenenfalls zu ändern. Woher kommen meine Produkte? Wie wurden sie hergestellt? Und welche Produktionsbedingungen unterstütze ich mit meinen Käufen? Bei der Beantwortung dieser Fragen, kann Achtsamkeit im Sinne einer Reflexion unterstützen. Also: Ab und zu einfach inne halten und sich ein paar Gedanken zum eigenen Konsum machen – das hilft uns Stress zu vermeiden und den nächsten Griff im Regal bewusst zu tätigen.

Quellen und weitere Informationen: